FAQ Aufbewahrungs und Löschfristen von Bewerbungsunterlagen (Stand: September 2021)
(PDF, 0,16 MB)
FAQ | Aufbewahrungs- und Löschfristen von Bewerbungsunterlagen
Stand: September 2021
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) genießt gemäß Artikel 288 Absatz 2 Satz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Anwendungsvorrang vor nationalen Gesetzen, die eine Verarbeitung personenbezogener Daten (pbD) regeln.
Der Verantwortliche im Sinne von Artikel 4 Nummer 7 DSGVO hat bei Datenverarbeitungen zur „Begründung des Beschäftigungsverhältnisses“ die unmittelbar geltenden Vorgaben der DSGVO zur Löschung dieser Daten zu beachten.
In Niedersachsen findet Artikel 17 DSGVO ‚Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“)‘ unmittelbar Anwendung, soweit nicht über die Öffnungsklauseln des Artikels 6 Absatz 2 und Absatz 3 Buchstabe b DS-GVO sowie des Artikels 88 DS-GVO in Verbindung mit Artikel 23 DSGVO spezifische landesrechtliche Regeln zur Löschung von personenbezogenen Daten der Bewerberinnen und Bewerber (im Folgenden kurz „Bewerbungsunterlagen“) gelten.
Das Niedersächsische Datenschutzgesetz (NDSG) enthält im Ersten Teil (ergänzende Regelungen zur DSGVO, siehe § 1 Absatz 1 Satz 1 NDSG) keine spezifischen Regeln zur Löschung von pbD der Betroffenen.
Die folgenden Ausführungen befassen sich speziell mit allgemeinen Fragen zum Thema „Aufbewahrungs- und Löschfristen von Bewerbungsunterlagen“ und sollen sowohl den Verantwortlichen öffentlicher Stellen im Sinne von § 1 NDSG sowie den Verantwortlichen nicht-öffentlicher Stellen mit Sitz in Niedersachsen als auch Bewerberinnen und Bewerbern als erste Hilfestellung dienen.
Für weitere Beratungsanfragen sind die Datenschutzbeauftragten dieser Stellen zuständig.
Maßgeblich sind insbesondere folgende Regeln:
- Artikel 17 und Artikel 23 DSGVO
- Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c und Buchstabe e, Absatz 2 und Absatz 3 Buchstabe b sowie Artikel 88 DSGVO in Verbindung mit spezifischen Regelungen im Fachrecht in Verbindung mit § 1 Absatz 6 NDSG, § 1 Absatz 2 BDSG, wie zum Beispiel:
- § 88 Absatz 1 Satz 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG),
- § 26 Absatz 1, § 35 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG),
- im Einstellungsfall gegebenenfalls Kollektivvereinbarungen, wie tarifrechtliche Rege lungen (Tarifverträge) oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen.
Im Einzelnen gilt:
Seit dem 25. Mai 2018 ist die DSGVO als unmittelbar geltendes Recht anzuwenden. Artikel 17 DSGVO regelt das Recht auf Löschung personenbezogener Daten (pbD).
Die Gründe für eine unverzügliche Löschung von pbD sind in Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a bis f DSGVO aufgelistet. Diese beziehen sich sowohl
- auf eine Verpflichtung des Verantwortlichen zur (antragsunabhängigen) Prüfung und Umsetzung (Stichwort Löschkonzept) als auch
- auf das Verlangen von Betroffenen in Bezug auf sie selbst betreffende Daten.
Ausnahmen hierzu sind in Artikel 17 Absatz 3 DSGVO genannt. Der Verantwortliche hat zudem die weitergehenden Regeln zu den Informationspflichten (Artikel 17 Absatz 2 DSGVO) sowie zu den sogenannten „Nachberichtspflichten“ zu beachten (Artikel 19 DSGVO).
Daneben kommen gegebenenfalls über die Öffnungsklauseln des Artikel 6 Absatz 2 und Absatz 3 Buchstabe b DSGVO besondere Rechtsvorschriften zur Anwendung, sofern diese Einschrän kungen des Rechts auf Löschung enthalten, siehe Artikel 23 DSGVO, § 1 Absatz 6 NDSG, § 1 Absatz 2 und § 35 BDSG).
Beispiel:
Im öffentlichen Bereich in Niedersachsen sind vor einer Löschung von pbD stets die bestehenden archivrechtlichen Regelungen zu beachten, siehe hierzu insbesondere § 3, § 3a und § 7 Absatz 3 des Niedersächsischen Archivgesetzes – NArchG).
Der Verantwortliche hat
- stets den datenschutzrechtlichen Grundsatz der „Speicherbegrenzung“ zu beachten, Ar tikel 5 Absatz 1 Buchstabe e DSGVO,
- den von der Datenverarbeitung betroffenen Personen (hier den Bewerberinnen und Be werbern) im Rahmen seiner Informationspflicht die Dauer, für die die pbD gespeichert werden oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer mitzuteilen, Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a und Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe a DSGVO,
- im Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten – wenn möglich – die vorgesehenen Fristen für die Löschung der verschiedenen Datenkategorien aufzunehmen, Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO,
- geeignete technisch-organisatorische Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, dass zum Beispiel durch Voreinstellungen pbD nur solange verarbeitet werden, wie dies erforder lich ist, Artikel 24, 25 und 32 DSGVO.
Die Erstellung eines Löschkonzeptes durch den Verantwortlichen wird daher regelmäßig not wendig sein, um der Rechenschaftspflicht aus Artikel 5 Absatz 2 DSGVO nachzukommen.
Weitere Ausführungen zu diesem Thema enthalten
- das Kurzpapier Nummer 11 „Recht auf Löschung / Recht auf Vergessenwerden“ der Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK). FAQ Aufbewahrungs- und Löschfristen von Bewerbungsunterlagen Stand: September 2021 3 / 5 Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen
- und der Baustein 60 „Löschen und Vernichten“ des Maßnahmenkatalogs des Stan dard-Datenschutzmodells der DSK.
Bewerbungsunterlagen sind vom Verantwortlichen grundsätzlich bis zum Abschluss
- der Frist einer möglichen Klage gegen die Auswahlentscheidung,
- des Klageverfahrens aufzubewahren.
Ja, wenn es sich um eine sogenannte informierte Einwilligung handelt. Dies gilt auch für soge nannte Stammdaten. Der (weitere) Verwendungszweck sollte vom Verantwortlichen klar definiert, der Aufbewahrungs zeitraum zeitlich begrenzt werden, Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe e DSGVO.
Zudem wird den Verantwortlichen empfohlen, vor Verwendung der Bewerbungsunterlagen für weitere Auswahlverfahren die Betroffenen über die geplante erneute Verwendung zu informieren und vorab abzufragen, ob die Einwilligung weiterhin Bestand hat.
Weitere Ausführungen zum Thema Einwilligung sind im Kurzpapier Nummer 20 „Einwilligung nach der DSGVO“ der DSK zu finden.